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Modellübersicht Simson Schwalbe KR51/0-1

Modellübersicht Simson Schwalbe KR51/0-1
Inhaltsverzeichnis
1 Der Anfang
2 KR51 im Vergleich zum KR50
3 Simson Schwalbe KR51-Modelle
3.1 Simson Schwalbe KR51 (1964-1968)
3.2 Simson Schwalbe KR51F (1965-1968)
4 Simson Schwalbe KR51/1-Modelle
4.1 Simson Schwalbe KR51/1 (1968-1971)
4.2 Simson Schwalbe KR51/1F (1968-1980)
4.3 Simson Schwalbe KR51/1S (1968-1980)
4.4 Simson Schwalbe KR51/1K (1974-1980)
5 Veränderte Bauteile im Produktionsverlauf

 

 

1 Der Anfang
Die Legende beginnt im Jahr 1964. Simson bringt die Schwalbe KR51 als 2-sitzigen Kleinroller in der Nachfolge des KR50 an den Markt. Bis ins Jahr 1980 verkauft das Suhler Werk über 750.000 Exemplare des Mopeds mit gebläsegekühltem 3-Gang-Motor, in den zwei Baureihen KR51 und KR51/1, vor allem an Kunden im Inland. Rechnet man die über 300.000 Schwalben aus der KR51/2-Baureihe hinzu, rollten bis 1986 mehr als eine Million Fahrzeuge vom Suhler Band. Kein anderes Moped war in der DDR stärker verbreitet.
Die Buchstabenkombination KR steht für Kleinroller, um die Schwalbe von den größeren IWL Stadtrollern SR56 und SR59 (Wiesel und Berlin) zu unterscheiden. Die Zahl 5 steht für die Hubraumgröße (50ccm). Sie wird von der Zahl 1 ergänzt, um die Schwalbe in der Modellbezeichnung vom KR50 zu unterscheiden.
Seit der Wiedervereinigung hat sich das Vogelmoped verstärkt in den alten Bundesländer ausgebreitet. Die Schwalbe profitiert von Regelungen aus dem Einigungsvertrag, die es erlauben, das Moped mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 60km/h nur mit Versicherungskennzeichen zu fahren. Für optisch ähnliche Vespa- und moderne Kleinroller aus dem Baumarkt ist nach der Gesetzeslage schon bei 45km/h Schluss. Nicht zuletzt deswegen schätzen anders als in der Fertigungszeit inzwischen mehr jüngere Fahrer die Schwalbe. Erhältliches Zubehör wie Knieschutzdecke, Kindersitz und Anhänger erfreuen Jung wie Alt.
Simson konzipierte den KR51 als robustes und wartungsarmes Moped. Tauchen dennoch Defekte auf, kann man sie meist selbst beheben. Die Ersatzteillage ist sehr gut. Alle Verschleißteile gibt es neu als Nachbau. Das für Reparaturen benötigte Wissen kann sich der Schwalbefahrer leicht aus den ausführlichen und bebilderten Simson-Anleitungen aneignen. Entschließt er sich trotz aller Schwalbe-Vorzüge eines Tages zum Verkauf, bekommt er das ausgegebene Geld angesichts der aktuellen Marktlage mit Nachfrageüberhang in den meisten Fällen wieder.
Für ein tieferes Verständnis der Simson Schwalbe ist die Kenntnis der Unterschiede zu ihrem Vorgänger von Belang. Darüber hinaus sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen aus den beiden Baureihen von Bedeutung. Informationen zu veränderten Teilen im Produktionsablauf runden die Modellübersicht ab.

 

2 Simson Schwalbe KR51 im Vergleich zum KR50
Eine wichtige Anforderung an den KR50 Nachfolger bestand darin, zwei Personen Platz zu bieten. Der KR50 befördert nur seinen Fahrer. Schon an leichten Anstiegen müht sich der Motor ab, auch wegen des Gewichts seiner üppigen Verkleidung. Ein stärkerer Motor sollte den neuen Kleinroller KR51 trotz deutlich erhöhtem zulässigem Gesamtgewicht flott und geschmeidig bewegen. Die angestrebte Art der Fortbewegung, an die eines Vogels erinnernd, spiegelt sich im Schriftzug am Beinschutzblech wider. Die Schwalbe war das erste Fahrzeug aus der Vogelserie.
Die Umsetzung der Anforderungen veränderte alle wesentlichen Baugruppen der Schwalbe KR51 im Vergleich zum KR50, neben Rahmen und Blechkleid beispielsweise Motor und Hinterradantrieb. An Kundenwünschen orientiert erweiterte Simson unter anderem die elektrische Ausstattung mit Bauteilen, die bei MZ und IWL schon länger zum Standard gehörten.
Den neu entwickelten Motor M53 fertigte kein Zulieferer mehr, sondern Simson selbst in Suhl. M53 kühlte statt dem Fahrtwind ein Gebläse. Der Hubraum blieb unverändert. Sein Getriebe war mit einem zusätzlichen Gang ausgestattet, feiner untersetzt und wahlweise mit Hand oder Fuß zu schalten. Daraus leitete Simson die Motorbezeichnung ab(M=Motor, 5=50ccm Hubraum, 3=3-Gang-Getriebe). Kaum ein Teil wurde vom KR50 Motor übernommen. Konzeptionelle Änderungen gibt es z.B. im Primärantrieb, den Zahnräder statt Kettenräder übernehmen. Veränderungen am Zylinder wirken sich einerseits auf den Vergaser mit Ansauganlage und andererseits auf die Auspuffanlage aus.
Zur Aufnahme der größeren Lasten veränderte Simson die Felgen, die nun einen Reifen in der Größe 2,75x16 Zoll aufnehmen. Durch standardisierte Radnaben sind die Räder als Vorderrad wie als Hinterrad verwendbar. Die Kette zum Hinterradantrieb schützen Kettenschläuche und ein Kettenkasten vor Verschmutzungen. Vor Diebstahl schützt ein Lenkerschloss statt eines abziehbaren Benzinhahnkückens. Auch die elektrische Anlage der Schwalbe KR51 verbesserte der Hersteller im Rahmen der Weiterentwicklung des KR50. Zur Ausstattung gehören z.B. eine Blinkanlage mit zwei Blinkern an den Lenkerenden, eine Säurebatterie mit Ladeanlage, ein Zündschloss mit abziehbarem Zündschlüssel, vier Schlüsselstellungen und Leerlaufanzeige, ein Parklicht an der Lenkerschale, ein größerer Reflektor für das Frontlicht und ein Bremslicht.

 

3 Simson Schwalbe KR51 und KR51F

Schwalben aus der ersten Typenreihe bezeichnen Kenner oft als KR51/0, um sie besser von den beiden nachfolgenden Modellen KR51/1 und KR51/2 abzugrenzen. Schwalben des Typs KR51 sind die KR51/1 und KR51/2 auch. In der KR51/0 Serie fertigte Simson zwei Modelle, die sich insbesondere nach der Art der Schaltung des Getriebes unterscheiden. Daraus leitet sich die Modelbezeichnungen ab, die Schwalbe KR51/0 mit Handschaltung (ohne H Zusatz) und die Schwalbe KR51/0F mit Fußschaltung. Von den KR51-Nullserienmodellen fertigte Simson insgesamt ca. 163.000 Exemplare.

Bild der Simson Schwalbe KR51 Bild der Simson Schwalbe KR51/0 Beide Bilder zeigen eine Simson Schwalbe KR51F mit tundragrauem Originallack. Sie lief 1967 vom Suhler Band. Baujahrbedingt gibt es manches interessante Detail der Nullserie wie die zweifarbige Rücklichtkappe an dem Moped nicht mehr, andere schöne Ersatzteile wie z.B. die kurze Sitzbank mit umlaufender Aluminiumzierleiste wurden von Simson 1967 noch verwendet.
3.1 Simson Schwalbe KR51 (1964-1968)
Das erste Schwalbe KR51-Modell bot Simson zunächst nur mit von Hand geschaltetem Getriebe an. Die Handschaltung kannten die Kunden von den älteren Simson Modellen. Bei den Mopeds (SR1, SR2, KR50) wurde sie ausschließlich und bei den Motorrädern (AWO Touren und AWO Sport) zusätzlich zur Fußschaltung angeboten. Eine reine Fußschaltung hätte Kaufinteressenten möglicherweise verunsichert.
Für die Bedienung war am Lenker links eine kombinierte Schalt- und Kupplungsarmatur angebracht. Drei Bowdenzüge verbinden Armatur und Getriebe. Der Innendurchmesser des Griffgummis für den Schaltkörper beträgt 24mm. Dreht der Fahrer bei gezogenem Handhebel das Griffrohr nach unten oder oben, schaltet das Getriebe in den gewünschten Gang.

 

3.2 Simson Schwalbe KR51F (1965-1968)
Ein Jahr später erweiterte Simson die Modellpalette und brachte die Schwalbe KR51 mit Fußschaltung auf den Markt. Da die Handschaltung damals der Schwalbe-Standard war, ergänzt der Buchstabe F für Fußschaltung die Modellbezeichnung des neuen Typs. Die Fußschaltung war Simson-Kunden von einem anderen Modell der Vogelserie bekannt. Den Star SR4-2 gab es ausschließlich damit und seit 1964.
Im Vergleich zum KR51 veränderte die neue Schaltung des KR51F viele Bauteile. Die linke Lenkerarmatur bedient nur noch die Kupplung. Der Lenkergummi sitzt fest auf dem Lenkerrohr. Am Motor sind das Gehäuse, die Schaltung und weitere Anbauteile wie z.B. der Kupplungsdeckel anders aufgebaut. Zwischen den Gängen wechselt der Schwalbe-Fahrer wegen der Trittbretter anders als beim Star mittels einer Schaltwippe.
Innerhalb der Nullserie ersetzte Simson zahlreiche Bauteile im Produktionsablauf durch Neuentwicklungen. Der Austausch fand in bestimmten Baujahren statt und betrifft die KR51 und KR51F Schwalben meist ab einer bestimmten Rahmennummern gleichermaßen. Mehr darüber kann man im Abschnitt nach der Vorstellung der KR51/1 Modelle lesen.

 

4 Simson Schwalbe KR 51/1

Im Laufe des Jahres 1968 löste die Schwalbe KR51/1 das Nullserienmodell KR51 ab. Die neue Modellbezeichnung veranlasste der weiter entwickelte Motor M53/1. Simson hatte den M53 überarbeitet, nach den umfassenden Erkenntnissen, die aus dem mehrjährigem Praxisbetrieb vorlagen. Mit der KR51/1 entstand aus der KR51 kein neues Moped, anders als z.B. beim Wechsel vom KR50 zur Schwalbe und beim Wechsel vom KR51/1 zur KR51/2. An den meisten Teilen zum Fahrwerk, zur Elektrik und auch zum Motor gab es im Zuge der Weiterentwicklung keine Veränderungen. Den M53/1 kann man mit vergleichsweise wenigen Änderungen an der Ansauganlage auch im KR51 verwenden.
Der entscheidende Unterschied zwischen dem M53 und dem M53/1 besteht im Zylinder. Kanäle und Steuerzeiten wurden optimiert mit Folgen für Einlass und Auslass.
Einlassseitig verwendete Simson einen längeren Zwischenflansch (Ansaugstutzen), den zwei statt drei Schrauben am Zylinder befestigen. Die veränderte Vergaserposition wirkt sich auf die Ansauganlage aus. Für den alten T-förmigen Ansauggummi gab es keinen Platz. Ersatzweise wurde ein Zwischenbehälter aus Gummi verwendet, der den Vergaser und den neuen Ansauggeräuschdämpfer aus Blech verbindet. Die Verbindung zwischen Ansauggeräuschdämpfer und Luftfilter stellt ein langer Gummischlauch her. Der Luftfilter sitzt oben am Beinschutzblech, und zwar unterm Armaturenblech, das inzwischen keine Armaturen mehr für die Vergaserbedienung aufnimmt.
Auf der Auslassseite rundet ein neuer Krümmer die Motorüberarbeitung ab. Das Auspuffrohr unterscheidet sich geringfügig nach Form und Länge von seinem Vorgänger.
Unverändert blieben beispielsweise Zylinderkopf und Motorgehäuse, das es nach wie vor in den Ausführungen für Hand- und Fußschaltung gab. Auf das alte M53 Motorgehäuse passt auch der neue M53/1 Zylinder. Den Motor M53/1 setzte Simson in allen vier KR51/1-Modellen ein.

Bild der Simson Schwalbe KR51/1 Bild der Simson Schwalbe KR51/1F in gelb saharabraun Das linke Bild zeigt eine tundragraue Simson Schwalbe KR51/1F aus dem Bj. 1970. Der erste und einzige Besitzer fuhr sie nur 1800km. Das rechte Foto bildet eine gelbe Schwalbe KR51/1F aus dem Bj.1971 ab. Die kurze Sitzbank umhüllt ein grauer Bezug. Spiegel und Auspufftopf wurden während der Nutzungszeit erneuert.
Bild der Simson Schwalbe KR51/1 in blau Bild der Simson Schwalbe KR51/1K Komfort Das linke Foto zeigt eine blaue Simson Schwalbe KR51/1F mit dem Mopedanhänger aus dem Zubehör. Der Anhänger war beim Transport größerer Lasten hilfreich. Im rechten Bild sieht man eine KR51/1K. Ihr Besitzer ersetzte den kleinen Rückspiegel durch eine modernere Variante mit größerem Glasdurchmesser.
4.1 Simson Schwalbe KR51/1
Wie die Schwalbe KR51 rüstete Simson auch das KR51/1 Grundmodell mit einer Handschaltung aus. Nach nur 3 Jahren und nur ca. 25.000 Exemplaren wurde die Fertigung im Jahr 1971 eingestellt. Die Fußschaltung hatte sich bewährt und war bei Kunden beliebter. Angesichts der Fahreigenschaften der Schwalben mit Handschaltung überrascht das wenig. Im Alltag fährt sich die Schwalbe mit Fußschaltung besser. Deswegen rüsteten viele Fahrer im Laufe der Nutzungszeit ihre Schwalbe von Hand- auf Fußschaltung um. Die Umrüstung war vergleichsweise einfach, wenn man sich einen F-Motor beschaffte. Darüber hinaus waren die linke Lenkerarmatur und der Griffgummi zu wechseln.
Sammler schätzen inzwischen die alten Modelle mit der Handschaltung. Früher schon wurden sie gern als Liebhaberfahrzeuge angeboten, für die sich aber weniger Liebhaber als entsprechende Fahrzeuge fanden.

 

4.2 Simson Schwalbe KR51/1F
Vom KR51/1F Modell mit Fußschaltung fertigte Simson zwischen 1968-1980 ca. 350.000 Stück. Der Stückzahl nach handelt es sich um das häufigste DDR-Moped. Mehr Exemplare wurden von keinem Simson Modell gebaut. Die Unterschiede zwischen der KR51/1 und der KR51/1F betreffen nur die Art der Schaltung. Die Besonderheiten der KR51/1F im Vergleich zur KR51F beschränken sich wie schon beschrieben auf den weiter entwickelten Motor M53/1 und die auf den Zylinder abgestimmten Anbauteile auf Einlass- und Auslassseite.

 

4.3 Simson Schwalbe KR51/1S
 Das dritte von Simson seit 1968 gefertigte Modell der /1-Baureihe ist das Sondermodell KR51/1S. Eine vergleichbare Schwalbe gab es in der Nullserie nicht.
Die besondere Ausstattung stützt sich einerseits auf den Motor mit automatischer Kupplung. Andererseits übernahm Simson einige verbesserte Bauteile, die es schon länger an einem anderen Moped aus der Vogelserie gab, dem Sperber SR4-3.
Der KR51/1S Motor funktioniert mit automatischer Kupplung. In die gewünschten Gänge schaltet der Fahrer mit dem Fuß. Das Einkuppeln und Anfahren erfolgt mittels Fliehkraft, wenn sich die Motordrehzahl durch drehen am Gasgriff erhöht. Der kupplungsseitig neu gestaltete Motor sprach insbesondere Kunden an, denen das Kuppeln von Motor und Getriebe beim Anfahren Schwierigkeiten bereitete. Diesen Motor verwendete auch Louis Krause, im DUO 4/1.
Um die größere Kupplung im M53/1 zu platzieren, veränderte sich der Kupplungsdeckel im mittleren Bereich durch eine entsprechende Ausformung. In der Folge gibt es bei der Schwalbe KR51/1S Ausschnitte im Motortunnel und am linken Trittbrett. Die Form der Schaltwippe der KR51/1S passte Simson dem Motor des Sondermodells an. Am Motorgehäuse gibt es keine Welle mit Kupplungshebel. Die vorhandene Bohrung verschließt ein Gummistopfen. Am Lenker links gibt es ein spezielles Klemmstück. Das Klemmstück nimmt Abblendschalter und Lenkerschale auf, die Aufnahme für den Handhebel zur Kupplungsbetätigung und die Stellschraube für den Kupplungsbowdenzug fehlen.
Für sein Schwalbe-Sondermodell verwendete Simson die Lichtmaschine, die Federbeine und die Sitzbank vom Sperber SR4-3. Dort waren sie seit 1966 im Einsatz. Die Zündspule zur Lichtmaschine liegt außen. Mittels Halteschelle wird sie am Rahmen befestigt. Die Zündkabeldurchführung durchs Motorgehäuse verschließt ein Gummistopfen. Die stärkere Lichtspule macht es möglich, das Frontlicht mit einer Bilux-Glühbirne 25W/25W zu betreiben. Lampenfassung und Reflektor passen sich daran an. Die Federbeine vorn und hinten dämpft eine Hydraulik. Verchromte Hülsen bedecken die Druckfedern. Die längere Sitzbank bietet dem KR51/S-Fahrer mehr Platz.
Vom Sondermodell entstanden bis 1980, anders als anfänglich erhofft, nur bescheidene 44.600 Fahrzeuge. Die Verunsicherung durch die neue Kupplung überstieg bei den meisten Kunden wohl die Freude über den zusätzlichen Fahrkomfort. Diese Umstände nahm Simson zum Anlass, die Schwalbe KR51/1F mit Bauteilen des S-Modells auszustatten. Daraus entstand ein neues viertes Modell der KR51/1-Baureihe, die KR51/1K.

 

4.4 Simson Schwalbe KR51/1K
 Die Simson Schwalbe KR51/1K wurde von 1974 bis 1980 hergestellt. Die 185.000 gefertigten Mopeds kombinieren Bauteile des Sondermodells KR51/1S mit dem Grundmodell KR51/1F. Das K in der Modellbezeichnung steht für Komfort. Die KR51/1K war das einzige Schwalbemodell, das Simson nur in einer Farbe anbot, und zwar immer in weiß. Baujahrbedingt gab es die Komfort-Schwalbe stets mit geradem Auspufftopf.
Den Fahrkomfort verbessern die hydraulisch gedämpften Federbeine der KR51/1S. Abweichend davon verkleidet meist eine schwarze Plastikhülse die Druckfeder. Fahrten mit Sozius macht die lange Sitzbank angenehmer.

 

5 Veränderte Bauteile im Produktionsverlauf

Zahlreiche Gründe veranlassen Hersteller von Kraftfahrzeugen, im Laufe der Herstellungszeit eines Modells einzelne Bauteile durch andere zu ersetzen. Die Gründe liegen absatzseitig oft in neuen funktionalen Anforderungen. Viele Kunden wünschen sich ein technisch fortschrittliches Fahrzeug. Simson überarbeitete aus diesem Anlass z.B. den Schwalbe KR51 Motor mit dem Ziel, die Leistung schon bei kleineren Drehzahlen zu erhöhen, den Spritverbrauch zu senken und die Geräuschentwicklung zu dämpfen. Auf Produktionsseite spielen vielfach Überlegungen zu Kostensenkungen die wichtigste Rolle. Zum Beispiel ersetzte Simson im Verlauf der Schwalbe-Produktion den zigarrenförmigen Auspufftopf durch einen geraden Typ, der zur Standardausstattung des S50 gehörte. Statt zwei verschiedener Auspufftöpfe wird durch die Vereinheitlichung nur noch eine Form in größerer Stückzahl gefertigt. Auf die größere Anzahl lassen sich die festen Kosten z.B. für Maschinen und Raummieten umverteilen. Damit sinken die durchschnittlichen Stückkosten. An Stelle größerer Stückzahlen spielen auch Maßnahmen zur Vereinfachung der Fertigung einer Rolle. Lässt sich die Anzahl der erforderlichen Arbeitsschritte bei gleicher Funktion z.B. durch eine veränderte Form reduzieren, scheint das aus Herstellersicht unter dem Kostenaspekt sinnvoll.

Manche Änderungen an einzelnen Bauteilen fallen eher geringfügig aus. Dazu gehört z.B. der Ersatz einer einfarbigen durch eine zweifarbige Rücklichtkappe, wie ihn Simson in der Schwalbe KR51-Modellreihe vornahm. Andere Neuerungen reichen weiter. In solchen Fällen passen Hersteller zuweilen die Modellbezeichnung an, um ihren Kunden die Modernisierung besser anzuzeigen. Beispielsweise ergänzte Simson in Verbindung mit dem überarbeiteten Motor die Modellbezeichnung der Schwalbe KR51 um das Kürzel /1. Für Kunden sind die Veränderungen oft nicht auf den ersten Blick am Fahrzeug ersichtlich. Ihnen fällt eine Fülle kleinerer Neuerungen eher auf. Beispielsweise unterscheidet sich eine Schwalbe KR51 aus dem ersten Baujahr optisch stärker von einer KR51 Baujahr 1968, als jene von einem 68er KR51/1-Modell. Innerhalb der KR51/2-Baureihe gab es vergleichsweise wenige Änderungen (>>>Simson Schwalbe KR51/2 Modellübersicht).

Simson veränderte zwischen 1964 und 1980 zahlreiche Bauteile der Schwalbe. Die Veränderungen im Lauf der Produktion betreffen beide Modelle, die Schwalbe KR51 und KR51/1. Die Unterschiede interessieren reine Schwalbefahrer mit praktischer Sichtweise eher weniger, so lange alles miteinander funktioniert. Vom modellgeschichtlichem Standpunkt ist es z.B. für Sammler und Museen von Interesse, welches Bauteil Simson ab der Schwalbe mit welcher Rahmennummer durch ein verändertes Teil ersetzte. Welche Überlegungen spielten dabei eine Rolle? Wer veranlasste die Veränderung, wann genau und wie wurde sie umgesetzt?

Überzeugende Antworten auf solche Fragen kann man ehesten gewinnen aus der Befragung von Experten, der Untersuchung einzelner Fahrzeuge in unberührtem Originalzustand (Fallstudien) und der Analyse der Literatur. Heute erschweren viele Faktoren die genaue und begründete Beantwortung der Fragen.
Experten, die genaueres um die veränderten Bauteile wissen könnten, z.B. Simson-Mitarbeiter aus der Entwicklung oder am Band, sind zwischenzeitlich verstorben oder können sich nicht mehr genau erinnern. Ähnliches trifft auf die Simson-Händler zu. Angesichts der Fülle verkaufter Fahrzeuge sind Irrtümer leicht möglich und Details über die Zeit vergessen worden.
Geeignete Schwalben für die Durchführung von Fallstudien sind Jahrzehnte nach Produktionsende schwer zu finden. Manche Sammler behaupten von ihren Fahrzeugen, sie befänden sich in vollkommen unberührten Originalzustand, wissen aber zu wenig um die lange Vorgeschichte und befinden sich im Irrtum. Andere Schwalbefreunde behüten ihre Schätze vor fremden Blicken.
In der zeitgenössischen Simson-Werksliteratur wie Ersatzteilkatalogen mit verschiedenen Erscheinungsjahren wurde nicht jede kleine Änderung an der Schwalbe dokumentiert. Vergleichbare MZ-Veröffentlichungen fallen in dieser Hinsicht genauer aus, z.B. zu den großen ES-Modellen. Vorhandene Simson-Ersatzteilkataloge zur Schwalbe sind darüber hinaus mit Fehlern behaftet. Bilder zu einzelnen Baugruppen aus einem bestimmten Erscheinungsjahr wurden unverändert für spätere Ausgaben übernommen, obwohl sich die gezeigten Teile merklich verändert hatten. Inhaltliche Lücken gibt es bei Teilen aus dem schwalbespezifischem Zubehör, das die Kataloge nicht auflisten (z.B. Unterschiede am Kindersitz bezüglich Form der Fußrastengummis und des Sitzaufbaus).

Von werksseitigen Veränderungen im Produktionsverlauf abzugrenzen sind die Umbauten an Schwalben, die Nutzer und Werkstätten vornahmen. Fuhr eine Schwalbe nicht mehr, wurde aber am nächsten Tag für den Weg zur Arbeit gebraucht, war man in DDR-Zeiten erfinderisch. Schnell wurde improvisiert und ein defektes Schwalbeteil durch ein modellfremdes ersetzt, das seine Funktion nach kleinen Anpassungen übernahm. Solche Umbauten erfolgten einerseits in Eigenregie, andererseits gab es sogar Empfehlungen des Simsonwerks für zulässige Umbauten (z.B. zum Einbau hydraulisch gedämpfter Federbeine und zum Umbau der Bremsanlage hinten auf außen liegenden Bremshebel). Da es sich in beiden Fällen immer um individuell veranlasste Veränderungen handelt, geht der folgende Abschnitt darauf nicht weiter ein. Nur werksseitige Veränderungen werden behandelt.

Die folgende Tabelle zeigt ausgehend von den Schwalben KR51 bzw. KR51F aus sehr frühen über verschieden Baugruppen hinweg und beispielhaft einzelne Bauteile auf, die Simson im Produktionsverlauf bis 1980 werksseitig veränderte. Da sich nicht zuverlässig bestimmen lässt, ab welcher Fahrgestellnummer der Hersteller ein verändertes Bauteil für die Schwalbe einsetzte, wird auf derartige Angaben verzichtet. Auch ersatzweise werden bestimmte Baujahre für die Veränderung aus Gründen fehlender Genauigkeit nicht näher benannt. Wenn es für die Einführung eines überarbeiteten Bauteils einen Stichtag gab, ist es nicht in jedem Fall der erste Januartag. Unterjährige Stichtage bedeuten, dass aus dem Baujahr sowohl Schwalben mit als auch Schwalben ohne das veränderte Bauteil existieren.

 

Baugruppe im Produktionsverlauf verändertes Bauteil
Motor M53 -neue Kurbelwelle, rechts mit stärkerem Konus
-passend dazu Formveränderung innen am Polrad der Lichtmaschine (Schwungscheibe)
Vergaser -neuer BVF Vergaser, 16N1-5 ersetzt NKJ153-5
-angepasste Bedienteile (Starterzug statt Fernbedienung für Luftklappe und Tupfer am Armaturenblech)
-angepasste Ansauganlage (Ansauggummi, Schelle)
Auspuffanlage -Auspufftopf mit gerader statt Zigarrenform
Lenker -3cm verbreitert, längeres Drehrohr, längere Griffgummis (beide) und anderer Schaltdrehgriff (Handschaltung)
-schwarze Klemmstücke mit Spiegelbohrung ersetzen graue Vorgänger
-Handhebel aus Plastik, angepasste Bowdenzugaufnahme
Spiegel -verschiedene Klemmspiegelformen
-Stabspiegel ersetzen Klemmspiegel
Blinker -Gehäuse zur Stabilisierung verbreitert, Lichtaustritte daran angepasst
Tachometer -Veränderungen an Ziffernblatt, Glas und Zählwerk
Rücklicht -Rücklichtkappe einfarbig rot statt orange-rot
-Rückstrahler entfällt (Katzenauge)
Rahmen -Form und Position vom Typenschild verändert
-Aufnahmen für Schlösser vergrößert (Lenkerschloß, Sperrdorn Sitzbankschloss)
Ständer -stabiler Ständer aus Aluminiumguss statt Stahlblech
-Alu-Ständer verlängert im Zusammenhang mit längeren hinteren Federbeinen
Sitzbank -Aluminium Zierleiste entfällt
-Bodenblech mit Polster und Bezug verlängert, schwarzer Bezug
Schutzblech -breiterer Vorderradkotflügel
-Alu-Distanzstücke zur Befestigung am Schwingenträger
Federbeine -reibungsgedämpfte Federbeine ohne Aluverkleidung, Plastikhülsen hell und dunkel
-Federbeine hinten verlängert
Schwingen -hinten unterschiedliche Anzahl Aufnahmen Federbeinbefestigung
-auch schwarz lackiert
-Gewinde ersetzt Rundkopf
Bremsanlage -Stellschraube am Seilzug nach hinten verlegt
-Bremsschild, -nocken und -hebel angepasst
-Limadeckel ohne Gewinde für Bremszug, festes Gitter
-Distanzstück Fußbremse formverändert
Hinterradantrieb -Kettenkasten aus Plastik statt Aluminiumguss
-Kettenschläuche mit 3 statt 4 Falten
Räder -neuer Radnabendeckel vorn links, stärker gewölbt
-Reifen mit anderem Blockprofil
-Art der Einspeichung verändert (weniger Kreuze)
Kleinteile -Zündschlüssel mit veränderter Form und Aufprägung
-Tankdeckel mit anderer Aufprägung
-Mutter zur Motortunnelbefestigung aus Plastik statt Alu
-Haken und Schellen zum Spannband Gepäckträger modernisiert
-schwarze statt beige Plastik- und Gummiteile (Distanzstück, Lampenring, Keder, Griffe, Gepäckträger)
-Simson Schriftzug am Beinschutzblech in Gold
-veränderte Profile der Gummis an Lenker, Kickstarter und Soziusfußrasten
-Farbgebung Simson Emblem Lenkerschale erneuert
Zubehör -Kindersitz modernisiert (veränderte Fußrastengummis und Sitzfläche)
-Bordwerkzeug neu zusammengestellt (Maulschlüssel Weite 13, Plastikgriff am Schraubendreher)
Lackierung -Farben verschwinden aus dem Programm (z.B. orange, tundragrau)
-neue Lackierungen kommen hinzu (z.B. weiß, biberbraun)